Bundestag erkennt Völkermord an Êzîdinnen und Êzîden an
Am 19. Januar 2023 erkannte der Bundestag auf Antrag der Ampelfraktionen sowie der Unionsfraktion den Völkermord an den Êzîdinnen und Êzîden an. Dr. Christoph Hoffmann, bis 2017 Bürgermeister von Bad Bellingen und seit 2022 stv. Vorsitzender des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, hat eine êzîdische Familie aus seinem Wahlkreis zur Plenardebatte in den Bundestag nach Berlin eingeladen, die er seit ihrer Flucht vor dem IS 2015 kennt und persönlich begleitet. Dr. Hoffmann initiierte auch eine interfraktionelle Diskussionsrunde zum Thema Gefoltert, missbraucht, vertrieben – wie sieht die Zukunft der Êzîdinnen und Êzîden acht Jahre nach dem Völkermord aus? Daran nahmen u.a. Niels Annen, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Frau Zemfira Dlovani, Vorsitzende des Zentralrats der Êzîden in Deutschland ZED, Hazim Tahsin Said Beg, weltliches Oberhaupt der Êzîden und Dilshad Barzani, Repräsentant der kurdischen Regionalregierung im Irak teil.
Der Abgeordnete sagt dazu:
„Die Anerkennung des Völkermords an den Êzîdinnen und Êzîden ist ein Meilenstein. 2015 habe ich einige der Familien, die vor den Gräueltaten des IS zu uns nach Bad Bellingen geflohen sind, betreut. Ihre Berichte über Flucht und Vertreibung, Morde und Verschleppung haben mich schockiert. Zuerst gab es noch Angst vor Verfolgung durch den IS. Stundenlang parkte daher ein Polizeifahrzeug am ersten Tag vor den Häusern. Im Ort war das gleich Stadtgespräch.
Umso dankbarer bin ich für die Unterstützung der gesamten Gemeinde und der Bürgerinnen und Bürger Bad Bellingens, die die Integration dieser Familien tatkräftig unterstützt haben. Ohne sie hätten wir es nicht geschafft: Wir konnten ein kommunizierendes Netzwerk an Verwaltung, Helfern, Lehrern, Ärzten, Patenfamilien aufbauen. Wir fanden gute, im Ort verstreute Unterkünfte von großzügigen privaten Vermietern. Es gab Sprachunterricht zu Hause, wir feierten Silvester zusammen. Zwei Bad Bellinger, die selbst als Kurden den türkischen Repressionen entflohen sind, haben eine 24-Stunden-Hotline in kurdischer Sprache gestartet.
Rückblickend kann ich sagen: Der Zusammenhalt „meiner“ Gemeinde und die Kooperation mit Bürgermeistern in ganz Südbaden - egal welcher Partei - war eine große Stütze für die Opfer des IS-Terrors. Damals wie heute ging es um Menschenrechte und Menschlichkeit.
Als Bundestagsabgeordneter ist mir deshalb die breite Unterstützung für diesen Antrag so wichtig. Die Einbindung der größten Oppositionsfraktion, der CDU/CSU, zeigt: Verbrechen gegen die Menschlichkeit haben Folgen und werden konsequent verfolgt. Deutschland gibt den Opfern und mutigen Kämpferinnen und Kämpfern gegen den IS eine Stimme. Für die Zukunft hoffe ich, dass die internationale Strafverfolgung weitergeführt wird und alle Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.“