Ampel beschließt Krankenhauspflege-entlastungsgesetz zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung
WIR SICHERN UND VERBESSERN DIE FINANZIERUNG DER HEBAMMEN
Bisher konnten Hebammen auf den Geburtsstationen nur anteilig abgerechnet werden, und zwar im selben Umfang, in dem sie für die Einhaltung der Personaluntergrenzen angerechnet werden durften. Das entsprach fünf Prozent im Nachtdienst und zehn Prozent im Tagdienst. Wir sorgen nun dafür, dass Hebammen zukünftig weiterhin und ohne prozentuale Begrenzung über das Budget für Pflegekräfte refinanziert werden können. Damit schaffen wir für die Kliniken mehr Flexibilität beim Einsatz der Hebammen und setzen so auch Pflegekräfte für andere Krankenhausbereiche frei.
Möglich war dieser Erfolg auch deswegen, weil wir im engen Austausch mit den Hebammenverbänden das klare Ziel verfolgen, die Versorgung von Schwangeren und Wöchnerinnen zu stärken. Nicht zuletzt hat auch die öffentlichkeitswirksame Petition dazu geführt, dass wir großen politischen Druck auf des BMG ausüben konnten, hier Fehler aus vorangegangener Gesetzgebung zu korrigieren.
Der nächste wichtige Schritt wird sein, die häusliche Vor- und Nachsorge auch für angestellte Hebammen zu öffnen. Damit würden wir gerade im ländlichen Raum das Angebot für Schwangere und Mütter verbessern, die heute bereits große Schwierigkeiten haben, eine betreuende Hebamme zu finden. Das BMG hat zugesichert, wichtige arbeitsrechtliche Fragen dazu zügig zu klären, damit auch dies umgesetzt werden kann.
WIR STÄRKEN DIE WOHNORTNAHE GEBURTSHILFE
Wir stärken die Geburtshilfe zusätzlich mit 216 Millionen Euro in den nächsten zwei Jahren. Damit wollen wir den Ländern nach dem Königsteiner Schlüssel Gelder zur Verfügung stellen, die die Vorhaltekosten für die Krankenhäuser mit Geburtshilfen abfedern sollen.
Der Grund für die vielfachen Schließungen der Geburtskliniken ist einfach: sie müssen bauliche und personelle Kapazitäten 365 Tage im Jahr vorhalten, können aber nur die erbrachten Leistungen – also die Geburten – abrechnen. Je weniger Geburten in einem Krankenhaus stattfinden, desto schwieriger ist es, die notwendigen Kosten zu erwirtschaften. Da wir die wohnortnahe Geburtshilfe sichern wollen, sorgen wir nun für eine finanzielle Unterstützung dieser Vorhaltekosten. Diese Förderung ist am jeweiligen Krankenhausstandort an folgende Kriterien gebunden:
- die Vorhaltung einer Fachabteilung für Pädiatrie,
- die Vorhaltung einer Fachabteilung für Neonatologie,
- der Anteil vaginaler Geburten,
- die Geburtenanzahl,
- die Durchführung von Praxiseinsätzen im Rahmen des berufspraktischen Teils des Hebammenstudiums.
Damit setzen wir stärkere Anreize, auch die Ausbildung von Hebammen anzubieten und vermehrt auf betreuungsintensive natürliche Geburten zu setzen statt auf besser planbare (und in gleichem Umfang abrechenbare) Kaiserschnitte.
WIR SCHAFFEN MEHR ZEIT FÜR DIE VERSORGUNG IN DER PÄDIATRIE
Die Kinderkliniken sind in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt worden. Es besteht schon lange Handlungsbedarf, den wir aktuell anhand des grassierenden RS-Virus‘ spüren. Dadurch spitzt sich die Situation in unseren Pädiatrien zum Teil dramatisch zu.
Mit Investitionen von je 270 Millionen Euro in den kommenden zwei Jahren in unsere Pädiatrien ermöglichen wir unseren Kinderkliniken dringend benötigten Spielraum. Durch das garantierte Erlösvolumen sichern wir den Kliniken zu, dass bis zu 20 Prozent Mindereinnahmen ausgeglichen werden. Damit verringern wir den Druck, möglichst viele stationäre Behandlungsfälle auszulösen, um kostendeckend arbeiten zu können. Kliniken, die mehr als 20 Prozent der Behandlungen zurückfahren, bekommen allerdings Abschläge auf die Ausgleichzahlungen. Somit schaffen wir mehr Zeit für die Patientenbetreuung und setzen dennoch weiter Anreize, pädiatrische Versorgungsangebote vorzuhalten und - wo möglich und angebracht - auf ambulante Behandlungen zu setzen. Damit folgt die Regierung auch den Vorschlägen der Krankenhauskommission. Bei weiteren Gesetzgebungen behalten wir die Kinderkliniken besonders im Blick. Denn Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, sie brauchen eine spezielle Gesundheitsversorgung und daher müssen wir unsere Kinderkliniken zielgenau unterstützen.
WIR ENTLASTEN PFLEGENDE
Wichtigster Punkt ist - wie der Name des Krankenhauspflegentlastungsgesetzes schon sagt – die Entlastung Pflegender in den Kliniken. Es ist gut und wichtig, dass wir endlich die Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2.0) auf den Weg bringen. Pflegende brauchen ein Zeichen, dass die belastenden Arbeitsbedingungen endlich verbessert werden.
Wir setzen die PPR 2.0 als lernendes Instrument in die Praxis um, das uns aufzeigen soll, wie sich die Pflegeteams qualitativ und quantitativ zusammensetzen müssen, damit wir eine optimierte Patientenversorgung erreichen. Dabei war uns besonders die Einbindung der Pflegewissenschaft wichtig. Politik muss den Hinweisen der Experten folgen, wenn wir in der Praxis wirksame und kurzfristige Entlastung erreichen wollen.
Die medial begleiteten Streiks an den Unikliniken in NRW werden viele verfolgt haben. Diese endeten mit dem Tarifvertrag Entlastung. Unsere Position als FDP war immer, dass Entlastungen aber alle Pflegenden erreichen müssen. Daher ist es gut, dass wir die Streichung der Ausnahmeklausel für Unikliniken mit Entlastungsverträgen durchsetzen konnten. So profitieren alle Pflegenden von den Verbesserungen. Gleiches gilt für die Aufnahme der Intensivstationen und der Notfallambulanz in den Weiterentwicklungsprozess. Wir wollen mittelfristig eine Personalbemessung für alle Bereiche, in denen Pflege stattfindet. Gleichzeitig schaffen wir mit der wissenschaftlichen Weiterentwicklung der PPR 2.0 Planungssicherheit für die Kliniken und Beschäftigten.
Bereits im kommenden Januar beginnen wir mit der Erprobungsphase, auf deren Ergebnisse wir dann die Rechtsverordnung aufbauen werden. Ab 2025 wird das Instrument verbindlich und sanktionierbar in allen Kliniken umgesetzt.
PFLEGEVORSORGEFONDS WIRD WEITER GEFÜLLT
Unsere Gesellschaft verändert sich. Durch den demografischen Wandel stehen in unserem umlagefinanzierten System zukünftig immer weniger Einzahler einer wachsenden Gruppe Leistungsbezieher gegenüber. Der Pflegevorsorgefonds ist derzeit die einzige finanzielle Rücklage, die für die soziale Pflegeversicherung (SPV) besteht. Etwa 1,7 Milliarden Euro werden jährlich eingezahlt. Bereits mehrfach haben SPD und Grüne Pläne in den Raum geworfen, die von Aussetzung bis Auflösung dieser kapitalgedeckten Rücklage gingen. Im nächsten Jahr sollte der Pflegevorsorgefonds nach Plan des BMGs keine Zahlungen erhalten. Wir halten das für falsch, denn der Fonds ist ein Instrument, dass auch die Gerechtigkeit zwischen den Generationen fördert. Wir konnten uns mit unserer Forderung durchsetzen, und werden den Fonds mit einer Jahresgesamtrate im Dezember 2023 bezahlen. Damit schaffen wir zunächst Entlastung und Zeit, eine nachhaltige Pflegereform anzustoßen. Gleichzeitig drängen wir auf die kurzfristige Einsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Expertenkommission zur Pflegefinanzierung.
WIR BAUEN SEKTORENGRENZEN AB UND ENTLASTEN KLINIKEN
Im internationalen Vergleich finden in Deutschland zu viele Behandlungen im Krankenhaus statt. Viele davon können auch ambulant geschehen. Wir wollen die Ambulantisierung bislang unnötig stationär erbrachter Leistungen fördern.
Durch die bisherige Vergütung aus unterschiedlichen Budgets wurden Sektorengrenzen zementiert. Bei Hybrid-DRGs handelt es sich um eine Pauschale, die von ambulanten sowie stationären Leistungserbringern abgerechnet werden kann. Wir glauben, dass gleiche Leistung auch gleiche Vergütung nach sich ziehen sollte. Um bei dieser neuen Vergütungsform nachsteuern zu können werden wir das Projekt nach zwölf Monaten erstmalig evaluieren.
Mit Tagesbehandlungen wollen wir dafür sorgen, dass Krankenhäuser und das Pflegepersonal entlastet werden. Im ärztlichen Ermessen und mit Zustimmung des Patienten kann dieser nach der Behandlung ohne Krankenhausübernachtung entlassen werden. Dies kann etwa bei längeren Behandlungen durchgeführt werden, z.B. Krebsbehandlungen. Damit können Kosten für die Übernachtung eingespart und die Belastung des Pflegepersonals reduziert werden. Im Ausland ist das bei vielen Behandlungen schon lange gängige Praxis.
WIR TREIBEN DIE DIGITALISIERUNG VORAN
Im Zuge des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes werden zahlreiche Optimierungen im Bereich des digitalen Gesundheitswesens vorgenommen. Als Freie Demokraten haben wir uns innerhalb der Fortschritts-Koalition in Sachen Digital Health Großes vorgenommen. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist kein Selbstzweck, sondern Notwendigkeit für eine weitere Verbesserung der Vorsorge und Versorgung. Sie ist nötig, um Leistungen sowie Forschungsmöglichkeiten auszubauen, aber gleichzeitig zu entlasten und enorme Kosten zum Wohle der Leistungsempfänger und Leistungserbringerinnen zu sparen. Mit diesem Gesetz werden nun erste Weichen gestellt. Es ist ein punktierter Aufschlag für eine umfassende Gesetzgebung zum Aufbau eines digitalen Gesundheitswesens. Ziel ist es, die Telematikinfrastruktur (TI) in ihrer Anwendung, Ausweitung und Interoperabilität grundlegend zu optimieren.
Was wir verbessern:
- Wir vereinfachen die Regelungen zur Datennutzung aus dem flächendeckend einzuführenden eRezept. Hier werden die Daten aus dem elektronischen Rezept für Leistungserbringer und Apothekerinnen nutzbar, um maßgeschneiderte medizinische und pharmazeutische Leistungen anbieten zu können. Selbstverständlich haben die Patientinnen und Patienten stets die Kontrolle über ihre Daten.
- Wir führen eine monatliche Pauschale für Leistungserbringerinnen ein, über die sämtliche Kosten, welche für den Zugang zur TI anfallen, erstattet werden können. Anstatt einer Vielzahl von Einzelpauschalen gibt es nun nur noch eine - ähnlich wie bei einem Streaming-Abo. Das spart Zeit für die Leistungserbringer und Kosten für die Krankenkassen.
- Wir verlängern pragmatisch das aktuelle Verfahren zur niedrigschwelligen Identifizierung und Authentifizierung für den Zugang zur elektronischen Patientenakte bis Ende 2023. Das sogenannte al.vi-Verfahren sieht die Anmeldung der Versicherten über eine seitens der Krankenkasse zur Verfügung gestellten App vor. Sie erfolgt im Zuge einer herkömmlichen Zwei-Faktor-Authentifizierung zur elektronischen Patientenakte. Zunächst sollte die Sonderzulassung des Verfahrens Ende 2022 zurückgezogen werden. Hier konnte ein Kompromiss erzielt werden. Damit bleibt das al.vi-Verfahren als nutzerfreundlicher Zugang für die Versicherten weiter bestehen.
- Aktuell ist es den Versicherten möglich, sich über ihre elektronische Gesundheitskarte mit dazugehöriger PIN und einem NFC-fähigen Smartphone zu identifizieren. Allerdings müssen wir feststellen, dass zu wenige Menschen von dieser Möglichkeit wissen. Daher bekommen alle, die eine elektronische Patientenakte beantragen, automatisch eine elektronische Gesundheitskarte und eine PIN zugeschickt, sofern noch nicht vorhanden.
- Wir eröffnen über das Gesetz die zusätzliche Zugangsmöglichkeit über den neuen Personalausweis. Es handelt sich damit um ein nahezu identisches System zur Anmeldung über die elektronische Gesundheitskarte. Wir schaffen insgesamt mehr Möglichkeiten, um die Nutzerzahlen auszubauen und unsere Ziele zu erreichen.
- Wir schaffen darüber hinaus ein weiteres einfaches und niedrigschwelliges Ident-Verfahren, welches digitale Identitäten benutzt. Digitale Identitäten sind schon länger in der Vorhabenplanung des Gesundheitsministeriums. Die Versicherten sollen dabei selbstbestimmt wählen können, ob sie auch ein „ähnlich angemessenes“ Sicherheitsniveau mit höherer Nutzerfreundlichkeit als ausreichend empfinden. Wir wollen ein angemessenes Sicherheitsniveau bieten, welches aus anderen Anmeldeverfahren im Alltag längst etabliert ist, und in anderen europäischen Gesundheitssystemen gängige Praxis ist.
Wir als Freie Demokraten positionieren uns sehr klar: Der Schutz von Gesundheitsdaten ist ein wichtiges Rechtsgut, auf welches wir ein besonderes Augenmerk legen. Jedoch stellen wir gleichzeitig fest, dass die aktuellen sehr hohen Standards technischen Fortschritt verhindert und den Menschen am Ende nicht schützt. Dieser hohe Standard lässt gängige Authentifizierungsverfahren, wie wir sie beispielsweise vom Online-Banking kennen, nicht zu. Die gezogenen Hürden stehen nicht im Einklang mit einer ausreichenden Nutzerfreundlichkeit.
Letztendlich muss es darum gehen, dass durch Digitalisierung Vereinfachungen für die Menschen Einzug erhalten. Nur dann schaffen wir einen Nutzen für alle. Datenschutz, Datensicherheit und Nutzerfreundlichkeit müssen mit der gleichen Wichtigkeit betrachtet werden. Durch nutzerfreundliche Anmeldeverfahren schaffen wir endlich eine breite Akzeptanz bei den Versicherten und Leistungserbringern für die Anwendungen der TI. Datenschutz ist für uns dabei Grundvoraussetzung, jedoch kein Verhinderungsmechanismus.